Aufbaukurs Hochtouren 2023

14.02.2024

Unsere Vernagthütte diente als Stützpunkt für unseren Aufbaukurs Hochtouren. Neben dem erlernen der sicherheitsrelevanten Techniken im Gelände und in der Theorie wurde das Erlernte im Anschluss auf zwei wunderschönen Gipfeltouren angewendet. 

Die Mottos des diesjährigen Aufbaukurses Hochtouren vom 28.07.2023 - 03.08.2023 lauteten auf jeden Fall „Schlechtes Wetter gibt es nicht, nur falsche Kleidung!“ und „Bei gutem Wetter kann es ja jeder!“ Daher saßen wir auch sicherheitshalber bei den wenigen Sonnenstrahlen der Woche in der Hütte und haben uns mit vorzüglichem Kaiserschmarrn gestärkt. Jaja, bei der Auswahl der Pausenzeiten hatte unser Wetterfrosch Hannes ein glückliches Händchen. Das Wetter tat aber weder der Motivation der vier Teilnehmer (Markus, Roman, Patrick und Lisa) noch der Stimmungn einen Abbruch, und so wurde teilweise bis spät in die Abendstunden geübt und gefachsimpelt.

Entspanntes Ankommen auf der Vernagthütte

Der erste Tag begann noch ziemlich entspannt mit einem gemeinsamen Aufstieg von den Rofenhöfen (2011 m) zur Vernagthütte auf 2755 m, wobei wir unser Gepäck mit der Materialseilbahn nach oben bringen lassen konnten. Am Abend erfolgte die offizielle Begrüßung, eine kurze Ansprache durch Roland sowie eine Fragerunde durch die Trainer, um den Wissensstand der Teilnehmer etwas abzuchecken.

Eine Regenhose muss immer mit 

Der zweite Tag ging dann schon mehr in die Arme, denn es wurde die Selbstrettung am Turm der Materialseilbahn geübt. Dies noch bei gutem Wetter, bevor es dann auf den Gletscher und in den Regen ging. Im Regen wurden dann Eisschrauben gesetzt, Eissanduhren aufgebaut und die lose Rolle geübt. Nachdem alle bis auf die Unterhosen durchnässt waren, ging es wieder zurück in die Hütte. Was wir an diesem Tag neben den Rettungsmethoden gelernt hatten, war: „Regenhosen einpacken!“ Diese waren von da an bei jeder Tour das Erste, was im Rucksack landete.

Übung macht den Meister

Am dritten Tag gab es für alle Kurse einen Trainingsparkour, bei welchem den Teilnehmern das Verhalten am Berg bei Unfällen (Abseilen mit Verletzten, der Umgang mit Erkrankungen am Berg, Abtransport mittels Rucksacks und der Bau einer provisorischen Trage) nähergebracht wurde. Dass wir die provisorische Trage nur wenig später tatsächlich anwenden mussten, hätte zu diesem Zeitpunkt wohl noch keiner gedacht. Nach dem Abendessen und der Tourenplanung für den nächsten Tag ging es nochmals für eine Wiederholungseinheit in den Skikeller.

Die lehrreichsten Erfahrungen sammelt man auf Touren

Am vierten Tag stand dann bei bestem Wetter die erste Tour auf dem Programm. Über den Vernagtferner ging es Richtung Gepatschjoch, über einen Teil des Nordgrads auf den Guslarferner und dann über den Normalweg auf den Fluchtkogel (3500 m). Bereits auf dem Vernagtferner gab es die erste ungeplante Übungseinheit. Roman, als Führender der Gletscherseilschaft, hatte nach ca. 15 Minuten zielsicher eine Gletscherspalte gefunden und wollte sich diese mal genauer anschauen. Daher machten wir kurz Pause, bis er sich wieder selbstständig mittels Pickeleinsatzes aus der Spalte rausgekämpft hatte. Dieser unfreiwillige Abgang führte bei Markus zu einer plötzlichen Verkleinerung seiner Blase, wodurch jede Pause nicht nur zum An- und Abseilen, An- und Ausziehen, sondern auch anderweitig genutzt wurde. Endlich am Gipfel angekommen, konnten wir das wunderbare Bergpanorama der umliegenden Dreitausender und den Blick auf das Brandenburger Haus genießen. Bester Stimmung ging es dann runter vom Berg auf den Guslarferner für eine weitere Übungseinheit Spaltenrettung. Jeder musste mal rein in die Spalte – die einen etwas kürzer, die anderen etwas länger. Roman musste leider feststellen, dass eine Spaltenrettung auch mal ca. 20 Minuten dauern kann, wenn sich der Fehlerteufel beim Aufbau des Schweizer Flaschenzugs einschleicht. Ruhig und gekonnt unter den wachsamen Blicken von Hannes konnten sämtliche Fehler behoben werden, wenn auch nicht jeder Beobachter diese Zuversicht teilte. Da der Tag recht lange war, litt die Trittsicherheit beim ein oder anderen auf dem Rückweg zur Hütte. Markus war einer dieser Kandidaten, was dazu führte, dass er sich zunächst scheinbar den Fuß verstauchte und mittels der am Tag zuvor kennengelernten Transportmethoden ein gutes Stück getragen werden musste. Die Erschöpfung der Retter aufgrund der Anstrengungen des Tages, gepaart mit dem unwegsamen Gelände, zollten ihren Tribut. Zum Glück gehört zur Grundausstattung am Berg auch immer ein Helm dazu. Dieser war für Markus von großem Nutzen. Nach einigen Minuten des Hin-und-her-Schaukelns und teilweise unsanften Ablegens geschah eine Spontanheilung und Markus war es möglich, seinen Fuß wieder zu belasten und selbstständig weiter abzusteigen. Wer über dieses „Wunder“ mehr erleichtert war, die Retter oder Markus, kann nicht eindeutig gesagt werden.

Gletscherrückgang live erleben 

Nach dem Sonnenausrutscher am Vortag zeigten die Ötztaler Alpen am nächsten Tag wieder, was sie konnten. Neben Regen kam jetzt noch Hagel und Schnee zum Wetterportfolio dazu. Zum Glück gehörte die Regenhose ja ab dem zweiten Tag zu unserer Standardausrüstung, sodass uns die widrigen Bedingungen nichts anhaben und wir unser Trainingsprogramm auf dem Vernagtferner fortsetzen konnten. Auf dem Programm stand an diesem Tag die Selbstrettung aus einem Gletscherloch. Über den Ferner selbst haben wir einige interessante Details von einem Glaziologen erfahren. So schmilzt die Eisschicht des Ferners an sonnigen Tagen um ca. sieben Zentimeter pro Tag, was zu einer Schmelze von über zwei Metern pro Monat im Sommer führen kann. Zur Verabschiedung von Markus, der an diesem Tag berufsbedingt absteigen musste, wurde dem bisherigen Kursverlauf mittels einer Kaiserschmarrnparty gedacht, wobei hierfür die einzigen 30 Minuten Sonnenschein an diesem Tag verschwenderisch und vollumfänglich in der Hütte genutzt wurden. Noch bei gutem Wetter ging es für die verbliebenen drei Teilnehmer zum Klettern und Abseilen. Trocken haben wir es zwar noch zum Abseilpunkt geschafft, allerdings nicht mehr runter. Bevor sich auch nur der Erste ans Abseilen machen konnte, öffnete der Himmel wieder seine Schleusen. Auch hier hat sich das Motto „Bei gutem Wetter kann es ja jeder!“ bewährt.

Nebel kann auch von Vorteil sein 

Mit dem Abstieg von Markus zu einer sehr kleinen Gletscherseilschaft reduziert, wurde unsere Gruppe durch Christoph und Jonathan aus dem Grundkurs Hochtouren verstärkt, denn die Tour am sechsten Tag, sollte durch eine Steilflanke und den Eisbruch am Vernagtferner gehen. Auch für diese Tour galt „Einfach kann ja jeder!“. Ob wir tatsächlich durch die spaltenreiche Nordostflanke bis zum felsigen Gipfelgrat kommen würden, war bei Tourstart noch nicht klar. Doch die Tour gelang und wir haben dank Roman einen Weg durch das Spaltenlabyrinth gefunden. Am felsigen und eigentlich ziemlich ausgesetzten Gipfelgrat lag die Sicht bei lediglich 20 Meter, wodurch das Gelände zumindest gefühlt an seiner Ausgesetztheit verlor.

Am letzten Tag konnte wer wollte nochmals seine Technik, mit Steigeisen am Felsen zu klettern, verbessern, bevor es dann an den Abstieg und die Rückreise ging. Wer in der bisherigen Erzählung nicht sehr häufig erwähnt wurde, aber den Erfolg des Kurses zu verantworten hatte, war zweifelsohne Hannes. Hierfür vielen lieben Dank! Ohne dich wäre die Motivation und der Spaß in der ein oder anderen wetterbedingten Situation sicherlich schneller an uns verbeigelaufen als wir hätten „Sonne“ sagen können. Du hast für uns diese Woche mit deiner Art und deinem Wissen zu einer unvergesslichen Zeit werden lassen. Wir werden uns sicherlich wiedersehen!